La cartuja.Vida contemplativa

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DIE FREUDE KARTÄUSER ZU SEIN

 

 

Einführung

 

Es ist ein paar Jahre her, als der Film ‘Die große Stille’, einen tiefen Eindruck beim Publikum hinterlassen hatte. Er überflog ein wenig das Leben der Kartäuser, nur ein wenig, denn seine Wortlosigkeit hat uns, als Zuschauer, mit vielen Fragen ohne Antworten zurückgelassen.

Wir, die Kartäuser, sind wenig bekannt, oder was noch schlimmer ist, nicht wahrheitsgemäß bekannt. Man erzählt sich über unser Leben bizarre und absurde Dinge die völlig fern ab der Wirklichkeit liegen.

Trotz allem hat das einsame Leben der Kartäuser stets auserwählte Seelen angezogen, welche vom Wunsch ergriffen waren ihr Leben ganz Gott zu weihen, in der Stille und der Einsamkeit einer Einsiedelei, verborgen vor den Augen der Welt. Heilige wie Ignatius von Loyola, Johannes vom Kreuz und etliche andere, haben den Wunsch verspürt in die Kartause einzutreten. Und die Kartause interessiert noch immer Männer und Frauen unserer Zeit und weckt das Interesse selbst ungläubiger Menschen, welche, wie in anderen Zeiten, sich von einem Leben einfachen Glaubens, auf das Essentielle und Fundamentale konzentriert, angezogen fühlen.

 

Wir haben hier die Fragen zusammengefasst welche vor ein paar Jahren der Jesuit P. Rosendo Roig an die Kartäuser von Miraflores (Burgos, Spanien) gestellt hat. Dem haben wir weitere Fragen hinzugefügt, wie sie unsere Aspiranten gewöhnlich in ihren Briefen, oder während des ersten Aufenthalts zur Berufungsbeurteilung stellen. Wir hoffen, dass diese sehr einfachen Dialoge den jungen Menschen, welche gerne die Kartäuserberufung tiefgründiger kennen lernen möchten, zur Orientierung dienen können.

 

  1. DIE BERUFUNG

 

  • Wenn ein junger Mann gerne in die Kartause eintreten möchte...

  • Dann schreibt er uns normalerweise.

  • An wen?

  • Falls möglich an den Pater Prior.

  • Und wer antwortet ihm?

  • Der Novizenmeister (Pater Magister) schickt ihm einen Brief dem er Informationsmaterial beilegt, welches eine allgemeine Vorstellung von den Observanzen und den etwaigen Fragen bezüglich der Kartäuserberufung vermittelt. Heute wenden sich die meisten Aspiranten via e-Mail an uns.

  • Und wie geht es weiter?

  • Wenn der Aspirant antwortet und auf seiner Anfrage beharrt, nachdem man von einem Priester der ihn kennt, eine positive Auskunft über ihn erhalten hat, lädt man ihn ein, für ein paar Tage in der Kartause zu leben.

  • Wie verbringt er diesen Aufenthalt?

  • Der Aspirant bewohnt eine Zelle im Kreuzgang und folgt dem Tagesablauf der Gemeinschaft: das ist das beste Mittel damit sein Aufenthalt einen Nutzen bringt.

  • Und dieses Mittel ist tatsächlich nützlich?

  • Nach ein paar Tagen kann der Aspirant sich eine ungefähre Idee von dem Leben machen, das er ergreifen möchte.

  • Wer kümmert sich um den Aspiranten während dieses Aufenthalts?

  • Der Pater Magister stattet ihm häufig Besuche ab und der Aspirant unterhält sich mit ihm in freundschaftlicher Weise über die Berufung und alles was sie betrifft.

  • Worin besteht das Ziel dieses Dialogs?

  • Darin die Motivationen dieser Berufung zu erhellen. Es kommt oft vor, dass die tieferen Beweggründe nur als Vorahnung, nicht aber wirklich im Bewusstsein wahrgenommen werden.

  • Was wären denn keine gültigen Beweggründe um Kartäuser werden zu wollen?

  • Enttäuschungen vom Leben..., die Suche nach einer ruhigen und problemlosen Existenz..., im Allgemeinen alle egoistischen Motivationen. In der Tat ist der einziggültige Beweggrund die Suche nach den unvergänglichen Werten, die Suche nach Gott, vielleicht mehr oder weniger klar, aber zumindest erahnt. Wir untersuchen die Berufung mit der größten Vorsicht und Geduld, denn Gott kann auch auf krummen Zeilen gerade schreiben.

  • Welches ist in der Praxis das Alter, ab welchem man in der Kartause zugelassen wird?

  • Wir tendieren mehr und mehr dazu, von einem Eintritt vor dem 21. Lebensjahr abzuraten.

  • Bis zu welchem Höchstalter?

  • Ohne eine Spezialerlaubnis des Generalkapitels, oder des Reverendus Pater (so nennt man den Generaloberen des Ordens), kann man niemanden aufnehmen der älter als 45 Jahre ist.

  • Und wird eine solche Erlaubnis gewährt?

  • Wenn das Alter nicht um zuviel die fünfundvierzig Jahre übersteigt, ja, dann kann so eine Erlaubnis erteilt werden. Aber man muss im Voraus eine spezielle Probezeit von drei oder vier Monaten durchlaufen bevor man als Aspirant zugelassen wird.

  • Warum das?

  • Weil in diesem Alter die Anpassung an die Observanzen der Kartause problematischer ist: es ist notwendig klar absehen zu können, dass der Kandidat in der Lage ist diese Anpassung gut vorzunehmen, bevor man ihn als Aspiranten zulässt.

  • Gibt es auch Anfragen von Mitgliedern anderer religiöser Gemeinschaften, um in die Kartause einzutreten?

  • Ja, häufig.

  • Und werden diese angenommen?

  • Wenn man sie betreffend keine hinderlichen Informationen erhalten hat, dann wird ihnen die Erlaubnis gegeben.

  • Stellen sie besondere Anforderungen?

  • Wer nicht als ‚Brudermönch’ in die Kartause eintritt ist dazu bestimmt Priester zu werden. Demzufolge, erkundigt man sich, ob er die nötigen intellektuellen Fähigkeiten hat um die kirchlichen Studien zu absolvieren.

  • Und was erfordert die Kartause auf dem Gebiet der Gesundheit?

  • Bevor die Kandidaten zugelassen werden, empfehlen die Statuten unseres Ordens an, «kluge, mit unserer Lebensweise vertraute Ärzte zu Rate zu ziehen». Leichte psychische Ungleichgewichte, welche anderswo kaum auffallen, finden in der Einsamkeit der Kartause einen Resonanzkörper, welcher es unmöglich machen würde bei uns ein normales Leben zu führen. Heute sind die ärztlichen Besuche auch vor dem Eintritt ins Noviziat und vor der Profess Pflicht.

  • Und auf dem Gebiet der Charakterstärke?

  • Die Berufung in die Einsamkeit der Kartause erfordert einen starken Willen und ein gesundes Urteil.

  • Also... die ruhigen Charaktere haben den Vorzug im Vergleich zu den nervösen Temperamenten?

  • Nicht immer? Die nervösen Temperamente können sich ebenso an die Kartause anpassen.

  • Zuletzt, welche ist die Haupteigenschaft die notwendig ist um ins Kloster einzutreten?

  • Da das Leben der Kartäuser ein Leben des Gebets ist, kann man schwierig jemanden zulassen der sich nicht von Sammlung und Gebet angezogen fühlt. Im kontemplativen Leben kann keine noch so exzellente Eigenschaft den Geist des Gebetes ersetzen.

  • Welches ist die besondere Aufgabe des Novizenmeisters?

  • Über die Ausbildung der Novizen zu wachen, ihnen in ihren Schwierigkeiten und Versuchungen zu helfen, welche gewöhnlich den Jüngern Jesu in der Wüste auflauern.

  • Folgt man in der Kartause einer besonderen Gebetsmethode?

  • In der Regel beginnt der Novize seine Lehre auf den Wegen des Gebets mit dem, was man in der monastischen Tradition: ‘Lectio divina’ nennt. Diese Gebetsmethode ist traditionell in den Klöstern. Sie besteht darin, bedächtig ein Stück der Heiligen Schrift zu lesen und es langsam ‘wiederzukäuen‘ (lat. ruminare). Daraufhin nützt man in der Stille die Gefühle der Dankbarkeit, des Lobes, der Zerknirschung, welche der Text in unserem Innern hat hervorsprudeln lassen, um sie in ein an den Herrn gerichtetes Gebet zu verwandeln. Wenn dieser Text uns nichts Besonderes sagt, oder wenn Zerstreuung aufkommt, nimmt man die Lektüre mit einem anderen kurzen Stück wieder auf welches man ins Herz eindringen lässt. Diese Gebetsmethode ist sehr einfach und reduziert die Zerstreuungen sehr stark.

  • Ist diese Ausbildung zum Gebetsleben für sie sehr wichtig?

  • Es könnte nicht anders sein. Es ist wichtig, dass das Gebet des Novizen danach strebt sich zu vereinfachen, sich in einen einfachen, liebevollen Blick auf den Herrn verwandelt. Es ist notwendig, dass der Novize das kontemplative Gebet kennen lernt, angefangen von den ersten Graden des ‘Gebetes des einfachen Schauens’, auch ‘Gebet der Ruhe’ genannt. Der Magister hat die Aufgabe mit großer Klugheit zur Kontemplation zu erziehen, im Bewusstsein, dass sie das Ziel des Gebets ist.

  • Ist das von einem Novizen nicht zuviel verlangt?

  • Wenn ein Novize, durch Gnade, eine kontemplative Erfahrung macht, so einfach und kurz sie auch sein mag, so ist er normalerweise schon dazu bereit die Momente der Entmutigung, der geistlichen Dürre, die Krisen, welche im Allgemeinen während des Noviziats nicht fehlen, zu überwinden. Um den ‘alten Menschen’ auszureißen, der in den Tiefen eines jeden schlummert, ist es sehr nützlich gewöhnlich in der Gegenwart Gottes zu leben: Das ist es, was der ständige und betende Kontakt mit dem Wort Gottes im göttlichen Uffizium und der ‘lectio divina’ ermöglicht.

Der junge Mönch befreit sich Schritt für Schritt von der Tyrannei der Gefühle und Leidenschaften, und dem starken Ruf der Welt, von der er sich zwar ehrlich getrennt hat als er in die Kartause eingetreten ist, aber welche ihn dort verfolgt indem sie sich in seinem Inneren versteckt. Er beherrscht auch zunehmend die Zerstreuung der Gefühle, die Oberflächlichkeit, die Unbeständigkeit, und sein ganzes Leben wird unmerklich von der Nähe Gottes durchdrungen. Nun werden ihm die Sammlung und die innere Stille, welche seinen Geist erfüllt, die Gefühle der Anbetung, der Dankbarkeit und der Freude gleichsam zur Natur. Wenn dieser Pfeiler des kontemplativen Gebets fehlen würde, so wäre seine Berufung allezeit der Entmutigung, dem hin und her flüchtiger Gefühle, der Mühsal, der Dürre, dem Mangel an Interesse fürs Geistliche ausgesetzt: Das sind in der Hauptzahl der Fälle die Ursachen welche am Beginn des Verlassens des monastischen Lebens stehen.

  • Wie sind die Novizen gekleidet?

  • Sie tragen denselben Habit wie die Mönche welche bereits die Profess abgelegt haben, aber die ‘Kukulle’ (das Obergewand) ist kurz und ohne Bänder.

  • Was ist das, ein Band?

  • Das ist ein Stück Stoff welches die beiden Teile der Kukulle zusammenhält. Darüber hinaus tragen sie im Konvent über dem weißen Habit einen schwarzen Umhang.

 

 

  1. DIE ETAPPEN DER AUSBILDUNG

 

    1. Das Postulat

 

  • Gehen wir davon aus, dass ein Aspirant für das Leben als Priestermönch, nach dem Urteil der Oberen der Kartause, Anzeichen für eine authentische Berufung gibt. Was macht er?

  • Er wird als Postulant zugelassen.

  • Was ist das ein Postulat?

  • Das ist die Probezeit die dem Noviziat vorausgeht.

  • Wie lange dauert sie?

  • Nicht weniger als drei Monate und nicht mehr als ein Jahr.

  • Wie verbringt der Postulant diese Zeit?

  • Seine Tagesabläufe und Observanzen entsprechen grundlegend denen der Mönche.

  • Ganz und gar?

  • Man gewährt ihm gewisse Erleichterungen damit seine Anpassung an unser Leben graduell verläuft.

  • Wie ist er gekleidet?

  • Er bleibt in Zivil, aber im Konvent trägt er einen Schwarzen Umhang.

  • Beginnt das Postulat mit einer speziellen Zeremonie?

  • Nein.

  • Und womit beschäftigt sich der Postulant?

  • In den Zeiten welche nicht dem Gebet geweiht sind, beginnt er seine Ausbildung im Geist der Kartause. Er erlernt die liturgischen Zeremonien und studiert Latein.

  • Latein?

  • Ja, Latein.

  • Braucht es viel Zeit um Latein zu erlernen?

  • Normalerweise hat der Postulant nach ein paar Monaten genug erlernt um die gängigen Texte korrekt übersetzen zu können.

 

    1. Das Noviziat

 

  • Nehmen wir auch an, dass der Kandidat sich während des Postulats zufriedenstellend verhalten hat...

  • Wenn die Konventgemeinschaft ein positives Votum abgibt wird er zum Noviziat zugelassen.

  • Wie lange dauert das Noviziat?

  • Zwei Jahre.

  • Und was macht der Novize während des ersten Jahres?

  • Er bildet sich im geistlichen Leben aus, er vertieft seine Studien bezüglich der Liturgie und der Kartäuserobservanzen.

  • Und im zweiten Jahr?

  • Da beginnt er die Studien im Hinblick auf das Priestertum: zweieinhalb Jahre Philosophie und dreieinhalb Jahre Theologie.

  • Und wo betreibt er diese Studien?

  • Aufgrund der Anforderungen der eremitischen Berufung der Kartause, studiert man in der Zelle.

  • Aber... wie?

  • Zwei mal pro Woche, begeben sich die Studierenden zur Zelle eines Mönches der Experte in Sachen Studium ist. Dort legen sie Rechenschaft über ihre Arbeit ab und stellen die notwendigen Fragen. Der Studienmeister hilft dabei die Probleme zu lösen auf welche die Studenten gestoßen sind. Oft greift man auf Professoren von auswärts zurück um eine solidere theologische Ausbildung zu gewährleisten.

 

    1. Die zeitliche Profess

 

  • Die Zwei Jahre sind verstrichen. Die Gemeinschaft hat positiv abgestimmt. Was wird nun aus dem Novizen?

  • Der Novize wird zur zeitlichen Profess zugelassen.

  • Warum ‘zeitlich’?

  • Weil der Novize seine Gelübde der Beständigkeit, des Gehorsams und der Bekehrung des Lebens nur für drei Jahre ablegt.

  • Welches sind die Auswirkungen der zeitlichen Profess?

  • Der ‘Jungprofesse’ ist nun definitiv in den Registern der Kartause eingeschrieben wo er seine Gelübde abgelegt hat. Die Jahre seines Alters im Orden werden von dieser ersten Profess an gezählt.

  • Und das Noviziat ist vorbei?

  • Der Jungprofesse bleibt Mitglied des Noviziats. Der Pater Magister leitet weiterhin seine geistliche Ausbildung. Im Laufe dieser drei Jahre fährt er mit seinen Studien zum Priestertum fort. Er vertieft die geistliche Ausbildung welche er im Noviziat begonnen hat.

  • Gut... und siehe da, drei Jahre sind verstrichen.

  • Der Jungprofesse erneuert seine Gelübde für zwei Jahre.

  • Und wo verbringt er die?

  • Nicht mehr im Noviziat sondern bei den Patres mit feierlicher Profess. Er erfährt somit vollkommen das Leben welches er definitiv zu ergreifen gedenkt.

  • Setzt er seine Studien fort?

  • Während des letzten Jahres unterbricht er die Studien um sich mehr dem Gebet und der Einsamkeit der Zelle zu widmen.

 

D. Die feierliche Profess

 

  • Sieben Jahre der Prüfung sind schon vergangen...

  • Und harte Jahre! Aber endlich ist die lang ersehnte Stunde der endgültigen Konsekration gekommen.

  • Ist das ein wichtiger Tag für einen Kartäuser?

  • Das ist das größte Ereignis im Leben eines Kartäusers, zusammen mit der Piesterweihe.

  • Was gelobt er da?

  • Für immer, einzig zum Lobe Gottes zu leben. Die feierliche Profess ist die Frucht einer langen Reihe von Gnaden, auf welche der Profess großzügig geantwortet hat indem er tiefgreifenden Verzichten zugestimmt und lautlos eine all-tägliche Treue gelebt hat, die nicht weniger kostet.

  • Ist die feierliche Profess eine Abschluss?

  • Nein, im Gegenteil, in gewisser Hinsicht ist sie vielmehr ein Anfang. Der Kartäuser hat sich in einem sehr ernsten Akt Gott dargebracht. Nun gilt es für ihn dieses Gelöbnis Tag für Tag zu leben. Das Priesteramt, zu dem er am Ende seiner Studien geweiht wird, wird seine Profess krönen.

  • Was für Gefühle birgt die Seele eines Kartäusers am Tag seiner feierlichen Profess?

  • Ich glaube es sind die gleichen welche unser Vater, der Hl. Bruno, in lyrischer Form in seinem Brief an die Brüder der Chartreuse zum Ausdruck gebracht hat: : «Freut Euch also, meine teuersten Brüder, über Euer glückliches Los und wegen der reichen Fülle der göttlichen Gnade, die über Euch ausgegossen ist. »

 

  1. DIE KARTÄUSERBRÜDER

 

  • Gab es immer schon ‘Brüder’ in der Kartause?

  • Als der Hl. Bruno sich in der Einöde der Chartreuse zurückgezogen hat waren zwei seiner Gefährten Laien, André und Guerin. Diese waren die ersten Brudermönche des Ordens. Es hat immer Brüder in der Kartause gegeben. Mit geringfügigen Varianten ist die Zahl der Brüder im Orden der Kartäuser während der Jahrhunderte stabil geblieben. Derzeit zählt man sieben oder acht Brüder für zehn Patres.

  • Aus welchem Grund ist es wichtig, ja notwendig, dass es Brudermönche in der Kartause gibt?

  • Weil dank der Brüder die Lebensform der Kartäuser über die Jahrhunderte hinweg möglich geblieben ist.

  • Können sie das näher erklären?

  • Für die Zellenmönche ist die Tatsache in der Zelle zu leben etwas Heiliges. Aber dieses Leben in der Zelle verhindert es ihnen sich den materiellen Aufgaben des Klosters zu widmen, welche notwendigerweise Arbeit außerhalb der Zelle erfordern.

  • Und wer kümmert sich um diese Aufgaben?

  • Es sind die Brüder die sie auf sich nehmen. Das hindert sie allerdings in keiner Weise an derselben Einsiedlerberufung wie die Patres teilzuhaben, aber sie verwirklichen sie in einer anderen Form.

  • Wie sieht dann also die Einsamkeit der Brudermönche aus?

  • Sie ist gemäßigter, denn sie weihen ca. fünf Stunden am Tag der Handarbeit ausserhalb der Zelle.

  • Erzählen sie mir ein wenig mehr von den Brüdern...

  • Die Kartäuserbrüder haben von den Ursprüngen bis heute in einer beeindruckenden Beständigkeit gelebt und ein sehr hohes geistliches Niveau erreicht. Sie nehmen in der Kartause einen perfekt definierten Platz ein.

  • Worauf ist das zurückzuführen?

  • Auf die Wachsamkeit der Generalkapitel, auf die Nähe des Priors und des Prokurators (so nennt man den Ökonom des Hauses), aber vor allem auf das geistliche Ambient der Stille und der Einsamkeit in welchem Patres und Brüder, wenn auch auf verschiedene Weise, leben.

  • Wie bereitet sich ein Kartäuser auf das Leben als Brudermönch vor?

  • Das ist ein langer Weg. Das Postulat ist von variabler Dauer welche zum Großteil von der geistlichen Vorbildung abhängt.

Wenn die Führung des Postulanten eine echte Berufung anzeigt, dann gibt die Gemeinschaft ein vorläufiges Votum ab um ihn zum Noviziat für ‘Konversen’ (Brudermönche) zuzulassen. Dieses Noviziat dauert zwei Jahre.

  • Wer ist der Magister der Kartäuserbrüder?

  • Traditionell ist es der Pater Prokurator, aber derzeit kommt es häufig vor, dass der Pater Magister der Patres ebenfalls der Magister der Brüder ist. Der Novizenmeister leitet ihre Ausbildung und hilft ihnen dabei die Schwierigkeiten, denen sie auf ihrem Weg begegnen zu überwinden.

  • Wenn das Noviziat gut verlaufen ist, was kommt dann...?

  • Der Bruder verpflichtet sich für drei Jahre durch eine erste Profess. Von da an ist der Bruder offiziell Mitglied des Ordens. Am Ende dieser drei Jahre, erneuert der Konverse seine zeitlichen Gelübde für weitere zwei Jahre. Während dieser Zeit bleibt er weiterhin unter der Obhut des Novizenmeisters.

  • Auf diese Weise haben die Kartäuserbrüder sieben Jahre der Ausbildung.

  • Genau. Am Ende des siebten Ausbildungsjahrs, wenn alles gut verlaufen ist, kommt der lang ersehnte Moment: die endgültige Weihe an Gott durch die feierlichen Gelübde. Die Zeremonie sieht wie folgt aus:

Während der Konventmesse liest der Bruder seine Professformel. Daraufhin legt er sie auf den Altar zum Zeichen seiner völligen Hingabe an den Herrn.

  • Haben die Brüder eine spezielle Ausbildung?

  • Ihre Ausbildung ist ihrem Status angepasst. Sie ist solide. Der Orden schreibt für sie vor, was wir heute die permanente Ausbildung nennen. Das bedeutet, dass sie während der ersten sieben Jahre unter der Leitung des Novizenmeisters jeden Tag eine gewisse Zeit dem Studium der Hl. Schrift, der Theologie, der Liturgie und der Spiritualität... widmen. Diese Studien werden den intellektuellen Fähigkeiten eines jedes Bruders angepasst. Danach können sie während ihres ganzen Lebens weiterstudieren.

  • Haben sie feste Studienzeiten?

  • Jeden Sonntag hören sie einen Vortrag über eines der folgenden Themen: unsere Statuten, die dogmatische Theologie, die Moral, die asketische Theologie.

  • Was lesen die Brüder?

  • Die Bibliothek des Hauses steht allen Mitgliedern der Gemeinschaft zur Verfügung, also auch für die Brudermönche. Die Sektionen der Spiritualität und der Heiligenleben sind die meistfrequentierten.

  • Wie viele Stunden des Tages weiht der Bruder der Arbeit?

  • Normalerweise, fünf bis fünfeinhalb Stunden. Aber für die Brüder die noch in der Ausbildung sind ist die Arbeitszeit ein wenig kürzer damit sie etwas mehr Zeit für die Studien haben.

  • Worin besteht die Arbeit in der Kartause?

  • Sie ist mehr als nur eine menschliche Aktivität. Es ist ein Mittel zur Vervollkommnung.

  • Wie können sie inmitten der Arbeit den Geist des Gebets und der Einsamkeit bewahren?

  • Die Statuten des Ordens raten dazu, während der Arbeit zu kurzen Stoßgebeten Zuflucht zu nehmen. Man kann die Arbeit auch für einen Augenblick unterbrechen um zu beten.

  • Gibt es auch Arbeiten die nicht erlaubt sind?

  • Alle die nicht dem monastischen Leben entsprechen.

  • Zum Beispiel?

  • Arbeiten die ein Verlassen des Klosters erfordern würden. Und es ist angeraten nicht zusammen mit Arbeitern von auswärts zu arbeiten, es sei denn es besteht die Notwendigkeit.

  • Arbeiten die Kartäuser in der Gruppe?

  • Man achtet darauf die Arbeiten so zu organisieren, dass jeder allein in seiner ‘Obedienz’ (so nennt man den Arbeitsplatz der einem jeden anvertraut ist) arbeiten kann.

  • Ist das Schweigen wichtig?

  • Oh ja! Es ist sehr wichtig, während der Arbeit das Schweigen zu bewahren. Unsere Statuten sagen: «Die Geistessammlung wird den Bruder bei der Arbeit zur Beschauung führen.»

  • Ist eine solche geistliche Konzentration nicht hinderlich für die materielle Effizienz der Arbeit?

  • Normalerweise nein. Bei ihrer Arbeit erfreuen sich die Brüder der Freiheit und des Geistes der Initiative. Man merkt, dass der Geschmack den sie an der Arbeit finden und das Interesse welches sie dafür hegen, aus den Kartäuserbrüdern oft exzellente Spezialisten macht.

  • Und was das «offizielle» Gebet, das liturgische Gebet angeht, wie spielt sich das für die Kartäuserbrüder ab?

  • Sie beten das Stundengebet wie die Patres, aber etwas reduziert.

  • Ist diese Reduzierung durch etwas anderes ausgeglichen?

  • Oft ziehen es die Brüder vor das göttliche Uffizium in seiner primitiven Form zu beten: eine gewisse Anzahl von ‘Vater unser’ und ‘Ave Maria’ für jede kanonische Hore.

  • Wann nehmen die Brudermönche an der Messe Teil?

  • Sie können frühmorgens an der Messe des Pater Prokurators teilnehmen. Wenn sie es aber vorziehen können sie auch an der Konventmesse der Patres um acht Uhr teilnehmen.

  • Nachdem sie nicht Frühstücken, was machen die Brüder zwischen der Messe und dem Beginn der Arbeit?

  • Sie bleiben zum Gebet und der geistlichen Lesung in der Zelle.

  • Und wenn die Arbeit beendet ist?

  • Vor dem Mittagessen können sie sich eine viertel Stunde Zeit zur Anbetung des Allerheiligsten Sakraments nehmen.

  • Und am Nachmittag?

  • Die es wünschen können die Arbeit unterbrechen und in die Kirche gehen, um mit den Patres zusammen die Vesper zu singen.

  • Und um wieviel Uhr endet der Arbeitstag?

  • Gegen 18 Uhr. Vor dem Abendessen halten manche Brüder fünfzehn Minuten Anbetung vor dem Allerheiligsten Sakrament.

  • Und nach dem Abendessen?

  • Nach dem Abendessen beten sie die Gebete, die den Tag abschließen und begeben sich zur Ruhe.

  • Um wie viel Uhr?

  • Um 20 Uhr.

  • Und wann stehen sie auf?

  • Um Mitternacht, um an der Matutin der Patres teilzunehmen.

  • Danach legen sie sich wieder schlafen?

  • Ja, gegen zwei Uhr morgens, ein wenig früher als die Patres, da sie, außer an Festtagen, nicht dazu verpflichtet sind an den Laudes teilzunehmen.

  • Und wenn sie in die Zelle zurückkehren legen sie sich sogleich schlafen?

  • Nicht sofort. Wenn sie in die Zelle zurückkommen verrichten sie für eine viertel Stunde ein Gebet in ihrer Muttersprache. Es handelt sich um ein Gebet der Fürbitte. Auf dem Boden hingestreckt, treten sie beim Herrn für alle Anliegen der Kirche sowie für alle Belange ein, die ihnen die göttliche Eingebung ans Herz legt. Nichts entgeht diesen Fürbitten: Vom Papst bist zum ärmsten Sünder, im Herzen der Nacht, wenn sich ihre Mitmenschen ausruhen.

 

 

 

 

  1. DIE CHARAKTERISTISCHSTEN ASPEKTE DER KARTÄUSERSPIRITUALITÄT

 

A. Gott allein

 

  • Die religiösen Ordensgemeinschaften des apostolischen Lebens weihen ihr Leben der Verkündigung, der Schulbildung, der Krankenpflege, etc. Wessen widmet sich der Kartäuserorden?

  • Unser Platz im Herzen der Kirche befindet sich in dem was man traditionell als «das kontemplative Leben» bezeichnet.

  • Ich verstehe, aber worin besteht das kontemplative Leben eines Kartäusers?

  • Es ist ein Mysterium welches sich dem Mysterium Gottes annähert. Es hat in gewisser Weise Anteil an der Größe und der Unbegreiflichkeit Gottes. Jenseits der Dinge dieser Welt, jenseits selbst jeden menschlichen Ideals, jenseits der individuellen Vollkommenheit, sucht der Kartäuser nach Gott. Das ist das Geheimnis des rein kontemplativen Lebens: nur für Gott leben, nichts als Gott wollen, nichts als Gott wissen, nichts als Gott besitzen. Wer den Sinn für Gott als das höchste Gut hat, der versteht leicht dieses Leben der totalen Konsekration, welches genau das Leben der Kartäuser ist.

  • Das ist ein schönes Ideal...

  • Ja, aber dieses schöne Ideal erfordert ein geeignetes Klima um sich entfalten zu können.

  • Und worin besteht dieses Klima?

  • Unsere Kartäusergebräuche, unsere Observanzen, schaffen dieses Klima und offenbaren somit ihren Daseinsgrund. Würde man sie isoliert betrachten, ohne Bezug zu ihrem Ziel, so wären sie unverständlich und man wäre geneigt zu sagen, dass sie eine Sammlung bizarrer Praktiken sind, um ehrlich zu sein, oft unmenschlich.

  • Sehen wir sie uns näher an...

 

 

B. Die Einsamkeit und das Schweigen

 

  • Welches ist das Wort das man am häufigsten in der Kartause wiederholt?

  • Wenn man sich die Mühe machen wollte den meistgebrauchten Ausdruck in unseren Statuten zu suchen, so wäre das ohne Zweifel: «Einsamkeit und Schweigen».

  • Ist das so etwas wie ein Slogan der ihre Spiritualität wiedergibt?

  • Die Spiritualität der Kartause ist die Spiritualität der Wüste.

  • Handelt es sich um eine Tradition?

  • Ja, wenn man unseren Statuten glauben darf welche sagen: « Unsere Ordensväter sind einem Licht aus dem Osten gefolgt. Jenem der alten Mönche, deren Herzen noch in lebendiger Erinnerung an das vergossene Blut des Herrn glühten, welche das Leben in der Einsamkeit und die Armut im Geiste gelobten und die Wüste bevölkerten.»

  • Ist das eine ihnen eigene Spiritualität oder hat sie ihre Wurzeln anderswo?

  • Die Heilige Schrift und die Tradition der Kirche stellen häufig das eremitische Leben als den Gipfel aller Berufungen dar.

  • Sie geben zwar zu, dass die Einsamkeit nur ein Mittel ist, und dennoch pflegen sie ihr gegenüber einen regelrechten Kult: warum?

  • Weil, wie das unsere Statuten gut zum Ausdruck bringen indem sie Dom Guigo zitieren, den vierten Nachfolger des Hl. Bruno in der Einsiedelei der Kartause, die Einsamkeit das privilegierte Mittel ist um in der Vereinigung mit Gott zu leben: «Die Freude am Psalmensingen, die Lust an den Lesungen, die Glut der Gebete, die Tiefe der Betrachtungen, die Verzückung in der Beschauung, das Taufbad der Tränen – durch nichts wird all das mehr gefördert als durch die Einsamkeit.»

  • Diese Wichtigkeit welche die Kartause der Einsamkeit beimisst hat also eine Rückwirkung auf die juridische Struktur des Ordens?

  • Die ganze Gesetzgebung des Ordens strebt danach diese Einsamkeit und das Schweigen zu bewahren und zu begünstigen, welche zugleich die markantesten Züge der Spiritualität der Wüste und somit der Kartäuserspiritualität sind.

  • Können sie mir anhand der Statuten die eine oder andere Erläuterung geben, was die Einsamkeit der Kartäusermönche anbelangt?

  • Die Statuten untersagen zum Beispiel dem Kartäuserpater, außenstehenden Personen als Beichtvater oder Seelenführer zu dienen, was in sich exzellent ist, aber nicht auf der Linie der kontemplativen Berufung liegt.

  • Riskiert eine solche Steifheit nicht die zeitgenössische katholische Kirche zu schockieren?

  • Ganz und gar nicht. Im Gegenteil, das ist genau das, was sich die Kirche heute von einem Kartäusermönch erwartet.

Das II Vatikanische Konzil hat klar zum Ausdruck gebracht worin die Pflicht der Kontemplativen besteht: «Die gänzlich auf die Kontemplation hingeordneten Institute, deren Mitglieder in Einsamkeit und Schweigen, anhaltendem Gebet und hochherziger Buße für Gott allein da sind, nehmen – mag die Notwendigkeit zum tätigen Apostolat noch so sehr drängen – im mystischen Leib Christi, dessen „Glieder nicht alle den gleichen Dienst verrichten“ (Röm 12,4), immer eine hervorragende Stelle ein.» (Perfectae caritatis 7). Das Schweigen: mag sein, dass dies das Wort ist dessen die Welt heute am meisten bedarf.

  • Sie, als Kartäuser, schützen ihre kontemplative Berufung durch die Einsamkeit, aber wie kann man die Invasion der sozialen Kommunikationsmittel vermeiden?

  • Um dieser Gefahr aus dem Weg zu gehen, gibt es in der Kartause weder Radio noch Fernsehen und die Statuten mahnen zur Vorsicht bei den profanen Lektüren.

  • Sie situieren sich also praktisch als Fremde der Welt gegenüber?

  • Unsere Statuten sprechen von der Notwendigkeit «sich selber von den Nachrichten der Welt fernzuhalten.» Das ist etwas Grundlegendes für das einsame Leben. Aber der Pater Prior hat die Aufgabe seinen Mönchen die Nachrichten aus der Welt zukommen zu lassen, wenn es unvernünftig wäre, diese nicht zu kennen.

  • Riskiert diese harte und einschneidende Observanz nicht das spirituelle Ideal der Kartause zu verformen?

  • Unsere ganze Gesetzgebung bezüglich der Einsamkeit und des Schweigens stellt den Buchstaben der Observanz dar. Der Mönch versteht, dass sie das günstige Klima für seine Einsiedlerberufung anzeigt. Aber er weiß auch, dass das nicht alles, nicht das Essenzielle in seinem Leben ist.

  • Und was ist das Essenzielle, die Hauptsache?

  • Auf den Grund dieser Einsamkeit hinabzusteigen und ihr somit die Reichtümer zu entnehmen welche sie enthält.

  • Können sie in einem Wort zusammenfassen worin das Essenzielle für einen Kartäuser besteht?

  • In der Vertraulichkeit mit dem Herrn zu Leben. Die Liebe zur Einsamkeit begünstigt diese Zweisamkeit.

  • Ist der Kartäuser der diesen Grundsätzen treu ist glücklich?

  • Oh ja, denn der seiner Berufung treue Mönch begreift, dass Gott ihn gerufen hat um ihm in der Einsamkeit und im Schweigen zu begegnen, Einsamkeit und Schweigen welches immer tiefer in seinen Geist eindringt.

 

 

C. Die ‘quies’

 

  • Einsamkeit und Schweigen von immer größerer Tiefe?

  • Ja. Die äußere Einsamkeit schafft ein günstiges, ja notwendiges Umfeld, damit sich eine vollkommenere Einsamkeit entwickeln kann: die innere Einsamkeit.

  • Worin besteht diese innere Einsamkeit?

  • Sie besteht in einem geistlichen Prozess durch welchen das Gedächtnis, die Intelligenz und der Wille sich Stück für Stück von jeglichem Interesse und Geschmack an den materiellen Dingen loslösen. An ihrer Stelle beginnt man Gott als das einzige Sein wahrzunehmen, das Einzige welches die Tiefen des Geistes zu sättigen vermag. Der Kartäuser wird nur dann ein authentischer Kontemplativer, wenn er voller Bewunderung entdeckt, dass Gott allein ihn auszufüllen vermag. Diese Entdeckung bringt eine solche innere Freiheit und Freude mit sich, dass es schwierig ist sie in Worten auszudrücken.

  • Es scheint dass sie aus eigener Erfahrung sprechen?

  • Wie wünschte ich mir, dass es so wäre!

  • Betrachtet die Kartause diese kontmplative Erfahrung als für sie typisch und speziell Ihre?

  • Dieser geistliche Prozess ist ebenso vom Hl. Johannes vom Kreuz in seinem ‘Aufstieg zum Berge Carmel’ beschrieben worden.

  • Und wie leben sie das in der Praxis, sie als Kartäuser?

  • Ich denke, dass jedweder geistliche Prozess sich in einem einzigen Wort zusammenfassen lässt, ein Wort das dem Hl. Bruno und den ersten Kartäusern sehr lieb war: ‘Quies’, will sagen die Ruhe des Geistes.

  • Wenn ich das richtig verstehe, wollen sie sagen, dass das Umfeld der Kartause ausgerichtet ist auf...

  • Das Ambient der Einsamkeit und der Stille, welches den störenden Lärm der irdischen Wünsche und Bilder eliminiert. Es handelt sich um eine ruhige Aufmerksamkeit und ein Ruhen des Geistes in Gott, das durch das Gebet und die langsame Lektüre begünstigt ist. Man kommt also somit zu dieser ‘quies’ oder Ruhe der Seele in Gott. Ruhe in der Einfachheit, vergöttlicht und freudig, welche dem Mönch in gewisser Weise die Schönheit des göttlichen Lebens zum Greifen nahe bringt.

  • Welchem Grad der Kontemplation entspricht dieser Zustand?

  • Ich würde sagen dass die ‘quies’, das Ruhen in Gott, das Ziel ist welchem der Kartäusermönch entgegenstrebt.

 

D. Treue zum Kreuz

 

  • Sie haben den Ruf sehr abgetötet und bußtätig zu sein...

  • Das Thema der Buße in der Kartause ist, wie so viele andere, die Gelegenheit für ein Aufkommen merkwürdiger Vorstellungen. Für uns sind die Bußübungen schlicht «Mittel welche dazu dienen uns von der Begierde des Fleisches zu befreien, um so freudiger hinter dem Herrn herzugehen», wie unsere Statuten sagen.

  • Aber sie wissen, dass heutzutage die individuelle Buße nicht mehr als ein indiskutables Mittel angesehen wird... wir leben in einer Zeit in der man das Verständnis und den Dialog vorzieht...

  • Ja, die Buße, und im allgemeinen alles was ein gewisses Opfer und Selbstverleugnung verlangt, steht in schlechtem Ruf und man spricht nur allzu leichtfertig davon ohne wirklich zu wissen um was es geht. Die ganze Welt sieht es ein wenn ein Sportler sich vieler guter Dinge enthält und seinen Körper einem anstrengenden Training unterwirft. Dagegen schiebt man einen Christen, der, seiner Würde bewusst, eine asketische Praktik annimmt um seine Leidenschaften im Zaum zu halten, in die Kategorie der psychologisch pathologischen Fälle.

  • Sie, die Kartäuser, wollen nach dem ‘neuen Menschen’ leben, wie die Heilige Schrift sagt. Können sie mir genauer erklären welches die grundlegenden Bußübungen sind?

  • Das sind die Entfernung von der Welt, der Familie, die Abwesenheit von Neuigkeiten und Zerstreuung. Das sind die Entbehrungen welche am meisten kosten. Jene, welche am meisten das Leben der Novizen betreffen sind die unterbrochene Nachtruhe, die Rauheit der Kleidung...

  • Und auf dem Gebiet der Ernährung?

  • Die Kartäuser nehmen am Mittag ein Essen auf Basis von Gemüse, Fisch, Eiern und Dessert ein.

  • Wie sieht an Tagen an denen man nicht fastet das Abendessen aus?

  • An diesen Tagen werden zum Abendessen zwei Eier, oder eine dementsprechende Portion Fisch, und Obst serviert.

  • Und an den Fasttagen?

  • Das Fasten beginnt am 15 September, will sagen dem Tag nach dem Fest der Kreuzerhöhung, und es dauert bis Ostern, also etwa sieben Monate.

  • Worin besteht das Fasten?

  • Das Fasten besteht darin nur eine wirkliche Mahlzeit am Tag (mittags) zu sich zu nehmen. Am Abend gibt es eine ‘Kollation’ welche in der Regel aus einem Stück Brot und Wein besteht.

  • Haben die Kartäuser am Freitag ein besonderes Fasten?

  • Jede Woche gibt es einen Tag den man ‘Abstinenztag’ nennt. An diesem Tag begnügen wir uns mit Brot und Wasser. In der Regel fällt dieser Tag auf den Freitag, zum Gedenken der Passion des Herrn, aber wenn es vorkommt, dass während der Woche ein Festtag ist, dann findet die Abstinenz am Vigiltag des Festes statt.

  • Essen die Kartäuser Fleisch?

  • Gemäß einer sehr alten Tradition, welche bis auf den Hl. Bruno zurückgeht, isst man in den Häusern unseres Ordens niemals Fleisch und es wird dort auch niemals anderen Personen Fleisch serviert, wer auch immer sie sind.

  • Sind die Aspiranten und Novizen verpflichtet all diesen Fastenregeln zu folgen?

  • Die Anpassung an unsere Lebensform erfordert Zeit und Vorsicht. Deshalb werden die Novizen schrittweise an unsere Gebräuche gewöhnt, unter der wachsamen Kontrolle des Novizenmeisters der ihnen die angemessenen Ratschläge erteilt.

  • Und die Kranken?

  • Unsere Statuten sagen: «Stellt aber jemand in einem bestimmten Fall oder im Laufe der Zeit fest, dass eine unserer Observanzen seine Kräfte übersteigt und dadurch sein Geist in der Nachfolge Christi mehr gehemmt als angespornt wird, so lege er zusammen mit dem Prior mit kindlichem Herzen das richtige Maß seiner Abtötung wenigstens für eine gewisse Zeit fest.»

  • Ist es erlaubt zu rauchen?

  • Der Gebrauch von Tabak ist «um des Geistes der Abtötung und der Armut willen» untersagt.

  • Zusammenfassend...

  • All das stellt die einschlägigsten Aspekte der kartusianischen Askese dar. Der Orden hält sie für ausreichend und hat aus Weisheit unumstößlich festgelegt, dass «keiner Bußübungen, die in den Statuten nicht gelehrt werden, ohne Wissen und Zustimmung des Priors vornehmen darf.» Die Kartause hat vom Heiligen Bruno seine Mäßigung und sein Gleichgewicht geerbt. Im Brief an seinen Freund Rudolf, besingt der Heilige mit Enthusiasmus die Schönheit der Landschaft Calabriens und um der eventuellen Verwunderung seines Freundes angesichts einer solchen, weniger geistlichen, Überschwänglichkeit zu begegnen, erklärt er: «Dennoch gewährt ein solcher Anblick dem allzu hinfälligen Geist Ruhe und Erholung, wenn er ermüdet ist durch die strenge Regel und durch die Beschäftigung mit geistlichen Dingen. Wenn der Bogen ständig gespannt ist, verliert er an Spannkraft und wird für seinen Zweck weniger brauchbar».

  • Um mit diesem Thema abzuschließen: Welches sind die Hauptzüge des kartusianischen Geistes?

  • Die Einsamkeit und das Stillschweigen, die «quies» (kontemplative Ruhe), die Einfachheit des Lebens, die Strenge, das sind die Hauptzüge des kartusianischen Geistes welche sich mit den Grundlinien der Wüstenspirittualität überschneiden.

 

 

5. DIE BESONDERHEITEN DER KARTAUSE

A. Der Kartäuser, ein in eine monastische Familie integrierter Eremit

 

  • Alles was wir bis hierher gesagt haben vermittelt den Eindruck, dass das Hauptmerkmal des Lebens in der Kartause darin besteht in der Einsamkeit und im Schweigen als eine echte Gemeinschaft von Einsiedlern für Gott zu leben. Ich habe irgendwo gelesen, dass von allen monastischen Orden, zumindest im Okzident, sie diejenigen sind welche das eremitische Leben in der reinsten Form leben.

  • Das ist wahrscheinlich. Ich wiederhole, dass der Kartäuser vor allem ein Eremit ist der fast sein ganzes Leben in seiner Zelle, seiner Einsiedelei verbringt. Das ist das klarste Zeichen unserer Identität und unser spezifisches Charisma.

  • Ja, aber wirft dieses Charisma der Einsamkeit nicht einen Schatten auf so wichtige und evangelische Aspekte wie die Nächstenliebe und den Dienst am Nächsten? Ich glaube es ist der Hl. Augustinus der sagte: «Wie kann ich die Füße meiner Brüder waschen wenn ich eingeschlossen in meiner Einsiedelei lebe?»

  • Der Ausspruch ist vom Hl. Basilius, dem Vater des östlichen Mönchstums. Man darf nicht vergessen, dass in der Kirche, wie der Hl. Paulus sagt, nicht alle Glieder dieselbe Funktion haben.

  • Also dann?

  • Wenngleich unser spezifisches Charisma weder darin besteht die Kranken zu versorgen, noch zu predigen, und auch nicht darin zu unterrichten, ist die Kartause keine rein eremitische Institution. Das Leben in der Einsamkeit ist ausgeglichen durch einen wichtigen Teil gemeinschaftlichen Lebens, welcher ebenso essenziell Teil unseres Charismas ist.

  • Ach ja?

  • Ja, und das bereits seit den Anfängen des Ordens. Trotz der großen Anziehungskraft welche die Wüste auf unseren Vater, den Heiligen Bruno ausgeübt hat, ist sicher, dass er kein Einsiedler im traditionellen Stil war, wie es hingegen die Eremiten Paul, Antonius und Benedikt waren: diese begannen ihr monastisches Leben indem sie völlig allein in der Wüste lebten. Den Heiligen Bruno sieht man niemals alleine: er ist immer von einer Gruppe von Freunden begleitet, welche sein Ideal teilen.

  • Das ist ein interessantes Detail...

  • Für uns ist es wichtig als Eremiten in unseren Zellen zu leben, aber zu gleicher Zeit eine im Herzen des Klosters vereinte Familie zu bilden. In den vergangenen Jahrhunderten hat man mit dem Wort ‘Familie’ die Kartäusergemeinschaften bezeichnet, das ergibt sich aus der sehr reduzierten Zahl ihrer Mitglieder; unsere Statuten von heute tun dasselbe.

  • Und wie lebt man in der Praxis diesen ‘familiären’ Aspekt?

  • Ein Beispiel: wir pflegen selbst unsere Kranken und Alten indem wir ihnen helfen so gut wir können, und indem wir sie begleiten, soweit es nötig ist, was mit sich bringt, dass man die Zelle wiederholt verlassen muss. Das machen wir gerne, mit viel Liebe, denn wir sind überzeugt, dass die Nächstenliebe alle anderen geistlichen Werte und Betrachtungen übersteigt.

  • Jetzt wird mir das klar... ich hatte schon gedacht, dass ihre gemeinschaftlichen Unterhaltungen und Spaziergänge etwas mit dem Aspekt des Familienlebens zu tun haben.

  • Sie haben ins Schwarze getroffen: Die sonntägliche Unterhaltung und der wöchentliche Spaziergang verleihen der Kartause dieses familiäre und evangelische Ambient und helfen uns dabei, ein gesundes Gleichgewicht zu bewahren.

 

B. Die Zelle

 

  • Sie haben oft von der ‘Zelle’ gesprochen als ob es sich um die Wohnung des Kartäusers handelt. Wie ist sie angelegt, diese Zelle?

  • Von allen Gebäuden des Klosters sind die Zellen des großen Kreuzgangs die charakteristischsten.

Im Prinzip setzen sich alle Kartäuserzellen aus denselben Elementen zusammen, auch wenn ihre Einteilung variieren kann.

  • Können sie mir diese Zellen kurz beschreiben?

  • Die Zellen stehen entlang des großen Kreuzgangs, welcher ein langer, gewöhnlich quadratisch angelegter Korridor ist.

Das Wort ‘Zelle’, mit welchem die Kartäuser seit den Ursprüngen ihre Einsiedeleien bezeichnen, leitet unvermeidlich fehl, denn es vermittelt den Eindruck es handle sich um einen einzigen kleinen Raum. In Wirklichkeit ist die Kartäuserzelle ein Häuschen, in der Regel auf zwei Etagen, in dessen Innern es Platz für ein Zimmer zum Studieren, ein Oratorium, eine kleine Schreinerwerkstatt und sogar einem kleinen Garten gibt. Seine relative Größe ergibt sich aus der freiwillig eremitischen Lebensform des Ordens: der Kartäuser verbringt den größten Teil seines Lebens in der Zelle. Die Statuten sprechen bildlich davon, dass die Zelle für den Kartäuser wie das Wasser für die Fische und die Hürde für die Schafe ist.

Ein auf ein Holzschild eingeprägter Buchstabe aus dem Alphabet an jeder Zellentür ermöglicht es die Zellen voneinander zu unterscheiden. Man betritt die Zelle durch einen relativ großen Vorraum, in welchem sich ein Kreuz und ein Bild der Jungfrau Maria befinden. Zu seinen Füßen betet der Kartäuser jedes Mal wenn er die Zelle betritt kniend ein Ave Maria. Deswegen nennt man diesen Teil der Zelle «Ave Maria».

In einem offenen Teil in der Mauer sieht man eine kleine mit einem Türchen verschlossene Durchreiche in welche der Bruder Dispensier das Essen stellt, welches der Mönch zur Stunde seiner Mahlzeit dort abholt. Der Kartäuser isst in seiner Zelle; nur an Sonn- und Feiertagen nimmt er das Mahl zusammen mit der Gemeinschaft im großen Refektorium ein.

Vom «Ave Maria» gelangt man in einen hellen Raum wo man Arbeiten mit Holz verrichten kann. Er ist in der Regel mit einer pedalbetriebenen Drehbank und dem gängigen Werkzeug ausgestattet.

Jeder Kartäuser hat einen Garten zur Verfügung, den er nach seinem Geschmack bebauen kann. Die Pflege des Gartens verschafft dem Mönch ein gutes Maß körperlicher Arbeit, Erholung und geistliche Entspannung.

Wenn wir uns zum «Ave Maria» zurückwenden führt uns eine Treppe in den recht geräumigen Hauptteil des Hauses. Seine Fenster öffnen sich auf den Garten hin. Das Mobiliar besteht aus einem Tisch mit Stuhl aus Holz sowie einem Bücherregal. In diesem Raum gibt es ebenso ein Oratorium, an dem man das Gebet verrichtet. An der Wand steht ein sehr einfaches Bett, und kurz danach gelangt man durch eine Tür in eine kleine Nasszelle mit Toilette.

Das ist die Zelle des Kartäusers: hier verbringt er seine Tage, seine Jahre, in der Stille allein mit Gott.

  • Ist die Zelle der Himmel oder das Fegefeuer?

  • Ich finde das Größte an dieser Berufung ist dieses immense Geschenk: allein zu leben, für Gott. In der Tat haben die Mönche aller Epochen die Schönheit des Lebens in der Zelle als dem Ort an welchem die Tage in der Vertraulichkeit des Herrn verstreichen, zum Ausdruck gebracht und besungen. Unsere Statuten schließen sich dieser großen monastischen Tradition an welche die Zelle als den Vorhof des Himmels betrachtet: «Die Zelle ist der heilige Boden und der Ort, wo sich der Herr und sein Diener häufig miteinander unterhalten wie jemand mit seinem Freund. Oft zieht dort das Wort Gottes die treue Seele an sich, der Bräutigam verbindet sich mit seiner Braut, Himmlisches wird dem Irdischen, Göttliches dem Menschlichen geeint.»

  • Ja, aber wenn man das Ambient unserer heutigen Gesellschaft, das so voll von Lärm, Bildern, Zerstreuungen ist betrachtet, ist es da nicht schwierig für die Jungen sich an ein Leben so strikter Stille und Einsamkeit, wie dem ihren, zu gewöhnen?

  • Ja, das ist wahr. Am Anfang kann man die Zelle mit einem kleinen Fegefeuer vergleichen, oder besser gesagt, als einen Ort an dem man sich dem ‘geistlichen Kampf’ aussetzt. Normalerweise verlangt die Zelle vom Novizen einen mehr oder weniger langen und mühevollen Prozess der Anpassung – ich würde eher sagen der Entgiftung – um die Stille in sein Inneres einzuführen, die Fantasie, die Anhänglichkeiten und die Gefühle zu beruhigen, bis sein Geist ganz zur Ruhe kommt und sich auf die soliden Dinge konzentriert, auf die übernatürlichen Werte, welche definitiv die einzigen sind, welche das tiefe Verlangen der Seele zu stillen vermögen.

  • Welchen Rat können sie einem Jungen Mann geben der aus der Welt ankommt und sein neues Leben in der Einsiedelei seiner Zelle beginnt, das so anders ist als das, welches er bis dahin gelebt hat?

  • Der Pater Magister wird ihm mit Klugheit einen genauen Tagesablauf angeben damit er sich in geordneter und nützlicher Weise dem Lesen, dem Schreiben, der Psalmodie, dem Gebet der Meditation, der Kontemplation und der Arbeit widmet. Er wird auch lernen gegen die Versuchungen der Entmutigung anzukämpfen, sich Schritt für Schritt an das ruhige Hinlauschen des Herzens zu gewöhnen und daran, Gott in sein Inneres eintreten zu lassen. Ihm wird vor allem angeraten sein Vertrauen auf den Herrn zu setzten, der ihm diese Berufung der Auserwählung geschenkt hat und der ihm auch die nötigen Gnaden schenken wird, um sie zu einem guten Ende zu bringen.

 

C. Die Tagesabläufe der Kartause

 

Matutin und Laudes

 

  • Ein wenig merkwürdig die Tagesabläufe der Kartause,... nicht wahr?

  • Ein wenig originell, ja.

  • Um wieviel Uhr geht man zu Bett?

  • Zwischen 19 und 20 Uhr. Im Sommer steht die Sonne noch am Himmel.

  • Schlafen um 19 oder 20 Uhr!... Und um wieviel Uhr steht man wieder auf?

  • Um 23.30. Um diese Uhrzeit ruft die Kirchturmglocke die Mönche zum Gebet.

  • Und da stehen alle auf?

  • Zunächst nur die Patres, die Brüder schlafen bis um Mitternacht.

  • Auf diese Weise beginnt also der Tag des Kartäusers um 23.30 Uhr abends?

  • Ja.

  • Und was machen die Mönche zu dieser Stunde?

  • Zu allererst, wie es logisch ist, kleiden sie sich an. Sodann begeben sie sich ans Oratorium wo sie sich hinknien und ihre Gebetsmission mit der Matutin de Beata beginnen.

  • De was?

  • Matutin de Beata. Es handelt sich um das Uffizium der Seligen Jungfrau Maria. In der Kartause trägt es den abgekürzten Namen ‘de Beata’. Jede Hore dieses Uffiziums geht der entsprechenden Hore des kanonischen Uffiziums voraus, mit Ausnahme der Laudes und der Komplet. Die verbleibende Zeit verbringt der Kartäuser im Gebet.

  • Der Tag fängt gut an...

  • Um 0.15 Uhr schlägt erneut die Kirchturmglocke.

  • Warum?

  • Nur Geduld. Die ganze Gemeinschaft, Patres und Brüder begeben sich durch die einsamen, schwach beleuchteten Kreuzgänge zur Kirche...

  • Und wenn sie in der Kirche angekommen sind...

  • In der Kirche angekommen bereiten sie die Bücher auf den Chorpulten vor, schalten das Licht aus und treten in eine tiefe Stille ein. Beim Signal beginnt der Gesang der Matutin.

  • Was ist das, die Matutin?

  • Die Matutin setzt sich aus zwei Teilen, welche Nokturnen (Nachtwachen) genannt werden zusammen, von denen jede sechs Psalmen zählt. An Festtagen hängt man eine Dritte Nokturn aus drei Gesängen an. Die Psalmodie ist gesetzt, fast langsam. Am Ende jeder Nokturn gibt es Lesungen aus der Heiligen Schrift, oder den Kirchenvätern, und auf jede Lesung folgt der Gesang eines Responsoriums. An Sonntagen und einigen anderen wichtigen Tagen sind die Lesungen mit den dazugehörigen Responsorien zwölf; an Ferialtagen hingegen gibt es nur eine (im Sommer) oder drei Lesungen (im Winter). Der Gesang des Te Deum und die Lesung des Tagesevangeliums schließen die Matutin an Zwölflesungsfesten ab. An den übrigen Tagen endet sie mit einer Reihe schöner Fürbitten für die Bedürfnisse der Kirche und der Welt.

  • Und die Brüder bleiben die ganze Zeit über im Chor?

  • An den Arbeitstagen können die Brüder sich nach der Matutin in die Zelle zurückziehen. Dennoch zieht es fast jedes Mal die Mehrheit von ihnen vor, in der Kirche zu bleiben und sich dem Gesang der Mönche für die Laudes anzuschließen. Am Ende des Uffiziums der Laudes singt man das Benedictus. Man schließt mit einer Antiphon zu Ehren der Gottesmutter und betet den Angelus (Engel des Herrn).

  • Bei der Rückkehr in die Zelle geht man wieder zu Bett?

  • In den Zellen beten die Patres allerdings noch die Laudes vom Uffizium der Jungfrau Maria und sodann begeben sie sich zur Ruhe.

  • Wie spät ist es da?

  • Die Uhrzeit kann variieren, entsprechend der Dauer der Uffizien. Oft zeigt der Wecker drei Uhr morgens an.

  • Und wozu das alles?

  • Weil der Kartäuser eine Vorliebe für diese Stunden des nächtlichen Lobes hat, wenn die Stille der Nacht zu einem glühenderen Gebet einlädt.

  • Gut, gut... und um wie viel Uhr stehen sie dann wieder auf?

  • Die Tagesabläufe sind grundlegend in allen Häusern gleich, können aber in den Details ein wenig variieren. Im Folgenden finden sie einen generellen Tagesablauf wie man ihm, bis auf wenige Variationen, in allen Häusern des Ordens folgt:

 

Der Morgen

 

  • Um wieviel Uhr stehen sie also wieder auf?

  • Die Patres um viertel vor Sieben. Die Brüder welche dem Uffizium der Laudes nicht beigewohnt haben stehen eine Stunde führer auf.

  • Und...

  • Die Patres beten um sieben Uhr die Hore Prim, welche von einer Meditation gefolgt ist.

  • Und die Messe?

  • Um acht Uhr ruft die Glocke die Mönche zur Konventmesse. Diese Messe ist immer gesungen. An Sonn- und Feiertagen geht der Messe der Gesang der Hore Terz voraus. Die Messe an Festtagen ist in der Regel konzelebriert.

  • Wenn die Konventmesse vorbei ist...

  • Verrichten die Brüder in ihren Zellen eine viertelstündige Danksagung für die Messe und danach begeben sie sich zur Arbeit welche bis zur Hore Sext dauert. Die Patres feiern ihre Stillmesse, (d.h. die Messe wird nur gelesen, nicht gesungen) in einer der dafür vorgesehenen Kapellen. Bei der Rückkehr in die Zelle beten sie die Terz und widmen sich für ein gutes Stück Zeit der geistlichen Lesung.

  • Aber frühstücken sie denn nicht? Was machen sie bis zum Mittagessen?

  • Die Studierenden widmen sich ihren Studien und danach üben sie sich in der Zelle in irgendeiner Handarbeit: Schreinerei, Buchbinderei, Malerei, oder dem Anbau ihres kleinen Gartens.

  • Und wann essen sie?

  • Um halb zwölf oder zwölf, beten sie die Hore Sext sowie den Angelus und danach essen sie, allein, in der Zelle zu Mittag, mit Ausnahmen der Sonn- und Feiertage.

  • Machen sie eine Pause nachdem sie gegessen haben?

  • Nach dem Essen, hat der Kartäuser bis um 13 Uhr Zeit um sich ein wenig zu entspannen, sei´s durch eine leichte Arbeit im Garten, oder indem er dort spazieren geht oder indem er in der Zelle seine Hausarbeit verrichtet...

  • Und um 13 Uhr?

  • Da beten die Mönche die Hore Non und die in der Ausbildung befindlichen widmen sich wieder dem Studium und vor der Vesper nochmals für eine gewisse Zeit der Handarbeit. Die Patres genießen relativ große Freiheit was die Einteilung ihrer Zeit betrifft. Sie können sie für das Gebet, das Studium oder die Arbeit verwenden.

Die Brüder kehren zu ihren Arbeiten in die verschiedenen ‘Obedienzen’ oder Werkstätten der Kartause zurück: Küche, Schneiderei, Dispens, Feldarbeit, Schreinerei, Wäscherei etc.

  • Ändern sich diese Tagesabläufe nie?

  • An den Sonn- und Feiertagen singt man die Hore Non in der Kirche und im Anschluss versammeln sich die Mönche im Kapitelsaal wo sie eine Lesung aus dem Evangelium oder den Statuten hören; danach bekennen sie, von Zeit zu Zeit, in diesem Kapitelsaal freiwillig öffentlich ihre Verfehlungen: wie zum Beispiel wenn sie das Stillschweigen gebrochen haben. Der Prior erlegt ihnen eine leichte Buße auf. Nach dem Kapitel geht man in den Garten hinaus, oder, wenn das Wetter dies nicht zulässt in den Kreuzgang wo eine gemeinschaftliche Unterhaltung stattfindet. Diese ist für die Patres an allen Sonntagen verpflichtend und an Feiertagen freiwillig. Die Brüder haben einmal im Monat eine obligatorische Unterhaltung. An Festtagen ist ihre Teilnahme an der Rekreation freiwillig.

 

 

 

Der Nachmittag und Abend

 

  • Wie geht der Tag zu Ende?

  • Jeden Tag, um 16 Uhr, singt man in der Kirche die Vesper. Die Brüder sind nicht dazu verpflichtet ihr beizuwohnen, aber viele von ihnen nehmen daran teil. An Festtagen ist ihre Anwesenheit verpflichtend. Das Uffizium der Vesper dauert ca. eine halbe Stunde. Es setzt sich aus einem Hymnus, vier Psalmen und deren Antiphonen, einem Responsorium und dem Gesang des ‘Magnificat’ zusammen. Sie endet mit den Fürbitten, gefolgt von der ‘Salve Regina’, deren Text und Melodie sich etwas vom römischen Ritus unterscheiden.

Die Zeit nach der Vesper ist den geistlichen Übungen vorbehalten. Die Studierenden wechseln zwischen Studium und geistlichen Übungen ab.

  • Um wieviel Uhr isst man zu Abend?

  • Das Abendessen, oder die Kollation an Fasttagen, nimmt man in der Regel um 18 Uhr ein.

  • Und was machen die Mönche nach dem Abendessen?

  • Es bleibt ihnen etwas freie Zeit um sich zu entspannen: Man kann im Garten spazieren gehen oder sich in der Zelle beschäftigen. Um 18.30 Uhr hören die Brüder auf zu arbeiten und kehren in die Zelle zurück.

  • Wie schließt sich der Tag eines Kartäusers?

  • Um 19 Uhr, läutet die Glocke den abendlichen Angelus. Die Mönche können ihr Gebet oder ihre geistliche Lesung noch während einer Stunde fortsetzen, allerdings ist es angemahnt, das Schlafengehen nicht zu verzögern. Der Tag endet mit dem Gebet der ‘Komplet’, dem Uffizium in welchem man Gott für alle Gnaden dankt welche man an diesem Tag empfangen hat und mit welchem man ihn um seinen Schutz für die kommende Nacht bittet.

So ist also zwischen 19:30 Uhr und 20 Uhr unser Tag zu Ende gegangen der dem Gebet, dem Studium und der Arbeit geweiht war.

 

Der Tagesablauf im Dienste des liturgischen Lebens

 

  • Ich nehme an, dass ihre Tagesabläufe im Hinblick auf ihr liturgisches Leben festgelegt sind, ist das richtig?

  • In der Tat. Die Matutin inmitten der Nacht, die Konventmesse am Morgen, und die Vesper am Abend, geben dem Kartäusertag seinen Rhythmus; diese Uffizien sind die wichtigsten Momente des Tages zu denen die Mönche ihre Zellen verlassen um sich in die Kirche zu begeben.

  • Welchen Platz nimmt die Liturgie im Leben des Kartäusers ein?

  • Da unsere Berufung darin besteht mit Christus und in Christus durch unseren Dienst des Lobes und der Fürbitte, ein Lob Gottes des Vaters zu sein, so ist die Eucharistie, welche jeden Morgen gefeiert und im Gregorianischen Choral von der Gemeinschaft gesungen wird, «die Wurzel und der Angelpunkt unseres Lebens».

  • Und das göttliche Uffizium?

  • Wenngleich der Kartäuser einen guten Teil des göttlichen Uffiziums allein in der Zelle betet, so weiß er doch, dass seine Stimme keine individuelle, isolierte Stimme ist, welche sich in der Weite des Universums verliert, sondern, dass sie das Gebet Christi und der ganzen Kirche ist. Ja, in der Liturgie ist es Christus der als unser Haupt in uns betet, sodass wir in Ihm unsere Stimmen wieder erkennen und Seine in uns.

 

 

 

 

  1. DIE URSPRÜNGE DES KARTÄUSERORDENS

 

  • Jetzt würde ich ihnen, wenn sie erlauben, gerne noch eine elementare Frage stellen: Was ist das genau, die Kartause?

  • Ein gegen Ende des XI. (11.) Jahrhunderts geborener monastischer Orden, ein Weg der dem Evangelium folgt und mehr als neun Jahrhunderte Erfahrung hat.

  • Wer ist sein Gründer?

  • Ich würde eher von einem ‘Initiator‘ als von einem ‘Gründer‘ dieser Lebensform sprechen: das war der heilige Bruno, der um das Jahr 1030 in Köln geboren wurde. Er war Student, dann Kanoniker und Rektor der berühmten Kathedralenschule von Reims. Er zog sich mit sechs Gefährten in einem einsamen und verborgenen Winkel der Südfranzösischen Alpen zurück, dem Massiv der Chartreuse (Kartause), ca. 30 Km von Grenoble entfernt. Bis heute befindet sich das Haupthaus des Ordens an diesem Ort.

  • Warum sagen sie vom heiligen Bruno, dass er nicht der Gründer des Ordens sondern sein ‘Initiator’ war?

  • Weil der heilige Bruno in der Tat keinerlei monastische Regel geschrieben hat. Darüber hinaus blieb er nicht besonders lange in der Einsiedelei der Chartreuse. Von Papst Urban II, welcher in Reims sein Schüler gewesen war, gerufen, musste er sich nach Rom begeben und den Papst bei seiner Übersiedelung in den Süden Italiens begleiten. Urban II verstand das Charisma des heiligen Bruno, welcher zutiefst vom eremitischen Leben angezogen war und erlaubte ihm, sich von neuem an einem einsamen Ort in Calabrien zurückzuziehen, genau gesagt in Santa Maria della Torre. Dort gründete er zusammen mit mehreren Gefährten eine Einsiedelei welcher der, der Chartreuse ähnlich war. Er starb dort 1101. Seine Gebeine ruhen dort. Jedoch war es die erste Gründung der Kartause, in den französischen Alpen, welche seinem Geist treu blieb und nach einigen Jahren, am Ursprung des monastischen Ordens der Kartäuser stand.


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